Kirchenpost vom 30.01.25

Liebe Christinnen und Christen in der Dreifaltigkeitsgemeinde,
als Christ*innen leben wir ja mitten in der Welt und haben den Auftrag, sie mitzugestalten.
Ich nehme die Debatte im Bundestag zum Anlass, darüber nachzudenken: Was sind die Hauptprobleme in unserer Gesellschaft und wer trägt zu ihrer Lösung bei? Viele Menschen und auch Parteien im deutschen Bundestag sehen die Migration als Problem und suchen nach Antworten, gerade für dieses Thema. Für mich bleibt unverständlich, warum so viele denken, das Thema Migration sei nun das, von dessen Problem-Lösung wir uns soviel Heil versprechen könnten. Was sich dazu an diesem Mittwoch allerdings im Bundestag abspielte, ging über alles hinaus, was an Wahlkampf-Getöse als übertrieben verbucht werden könnte.
Es war ein Dammbruch, den die CDU-CSU-Fraktion wissentlich herbeiführte, nämlich die Zusammenarbeit mit einer in Teilen gesichert rechtsextremen Partei. Dies gab es so in der Bundesrepublik noch nicht.
Ich bin ein Mensch des Glaubens und frage ich mich, was für Christinnen und Christen denn leitend sein könnte, wenn wir über das Thema der Migration nachdenken. Die Klärung dieser Frage beginnt für mich bei unserer Sprache: Für mich steht außer Frage: Kein Mensch ist ein Problem und kein Mensch ist illegal; wie könnten wir einem Menschen absprechen, legal auf der Welt zu sein? Menschen haben Probleme, Menschen verursachen Probleme. Und die allermeisten Menschen in diesem Land leben hier gern, egal woher sie kommen, mit anderen zusammen. Ich frage mich, was geschieht mit uns selbst, wenn wir die Menschen selbst zu Problemen erklären?
Das Grundrecht auf Asyl steht in unserer Verfassung; und zwar als Lehre aus der Zeit der Nazi-Diktatur, die Menschen für staatenlos erklärt und sie damit entrechtet hat. Wer dieses Grundrecht einschränken will, nimmt in Kauf, die Erinnerung an das begangene Unrecht vor 80 und 90 Jahren zu verdrängen und zu wiederholen. Die beiden deutschen großen Kirchen haben sich deutlich dazu geäußert, dass wir in Deutschland das Asylrecht niemals aushebeln dürfen.
Ich freue mich, mit Euch und Ihnen in unserer Gemeinde gemeinsam unsere Gesellschaft mitzugestalten und nach Antworten zu suchen. Wer einen Austausch über diese Themen aus Sicht des Glaubens sucht, kann sich gern bei mir melden.
Ihr/euer Pastor Axel Kawalla